Ursprung

Die Benediktinerabtei St. Denis im Norden von Paris (heute bequem mit der Pariser Metro erreichbar) war seinerzeit eines der bedeutendsten Klöster Frankreichs. Dies zu wissen ist notwendig, um zu begreifen, warum das, was sich hier architektonisch getan hat, eine so durchschlagende Wirkungsgeschichte entfaltet hat. Zu dieser Zeit war St. Denis nämlich bereits die traditionelle Grablege der Könige, denn hier – so die Überlieferung – war der hl. Dionysius (Saint Denis), erster Bischof der königlichen Hauptstadt Paris und Schutzheiliger des Königreiches, begraben. Auch die Kroninsignien und das königliche Kriegsbanner (die berühmte Oriflamme) wurden hier aufbewahrt.
Entsprechend trugen die Äbte von St. Denis nicht selten Verantwortung für das

Straßenschild in Paris: Abt Suger (1082-1152), Abt von St. Denis und Minister von Ludwig VI. und Ludwig VII.
Straßenschild in Paris: Abt Suger (1082-1152), Abt von St. Denis und Minister von Ludwig VI. und Ludwig VII.

Reich des Königs. Und in besonderer Weise galt dies für Abt Suger (1081-1151), der Schlüsselgestalt des neuen Baustils der Gotik. „Sugers Wirken am französischen Königshof und als Abt von Saint-Denis fällt in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts – eines Jahrhunderts, das im lateinischen Abendland durch bemerkenswerte soziale, politische und geistige Aufbrüche und Wandlungen gekennzeichnet ist“ (Andreas Speer u. Günther Binding, Hrsg., Abt Suger von Saint-Denis, S. 14).

Nach einer Phase der wirtschaftlichen Konsolidierung und verwaltungstechnischer Reformen konnte er sich 1134 an die Sanierung der Klosterkirche heranwagen, was bitter notwendig war. Ein, man darf wohl sagen, kongenialer Baumeister stand ihm zur Seite. Mit dem Westwerk wurde begonnen; 1140 erfolgte seine feierliche Weihe.

Nur wenige Wochen später wurde der Grundstein für den Bau der neuen Ostanlage gelegt und der Chor in weniger als drei Jahren und 11 Monaten komplett neu hochgezogen.
Entstanden war – ganz nach den Vorstellungen des Abtes – ein lichtdurchfluteter Raum, der alles Bisherige in den Schatten gestellt haben muß. Baumeisterlich ermöglicht wurde das nicht durch neue architektonische Erfindungen, sondern durch die Kombination von Elementen, die die Romanik bereitstellte!

Die Einweihung des Chores erfolgte am 11. Juni 1144 unter Beteiligung der Granden von Krondomäne und Region sowie dem Volk. Auch wenn etwa in Sens ähnlich gebaut wurde, so gilt doch der Chorneubau der Klosterkirche von St. Denis quasi als Initialzündung der Gotik. Der Eindruck bei der Einweihungsfeier muß sehr eindrücklich gewesen sein.